Ein leiser, aber hartnäckiger Wohltäter: Herbert Jehn legt Amt nieder

Großenlüder Mit einer Tombola bei einem Klassentreffen im Jahr 1987 fing es an. Von da an hatte Herbert Jehn (75) das Spenden-Sammel-Fieber gepackt: Fast 1,9 Millionen Euro hat er als Vorsitzender des Vereins „Wir helfen Kindern in der dritten Welt“ aufgetrieben. Nach 22 Jahren im Amt hört Jehn jetzt auf.

Nach 22 Jahren als Vorsitzender des Vereins »Wir helfen Kindern in der dritten Welt« hat Herbert Jehn das Amt niedergelegt.

Nach 22 Jahren als Vorsitzender des Vereins »Wir helfen Kindern in der dritten Welt« hat Herbert Jehn das Amt niedergelegt.

Ein Waisenhaus in Peru, eine Schule in Bolivien, Kinderheim, Schule und Werkstatt in Kolumbien – das sind nur einige der Projekte, die mit dem Geld finanziert werden, das Herbert Jehn und seine Mitstreiter sammeln. „Ich bin der Meinung, dass Menschen, denen es gut geht, verpflichtet sind, Menschen in Not zu helfen“, formuliert der 75-Jährige seine Philosophie. Geld, Lebensmittel und Medikamente zu schicken, sieht der Großenlüderer, der aus Bronnzell stammt, als akute Nothilfe. Dem Verein „Wir helfen Kindern in der dritten Welt“ gehe es aber darum, „durch Bildung zu helfen. Damit die Kinder sich etwas aufbauen können, als Erwachsene auf eigenen Füßen stehen“, erklärt Jehn.

1987 erfuhr der damalige Sparkassen-Angestellte von einer Kundin, die mit einem Peruaner verheiratet war, vom Waisenhaus Abancay in Peru. „Die brauchten Hilfe, also habe ich bei meinem Klassentreffen eine Tombola organisiert und Spenden eingesammelt“, erinnert sich Jehn, der gelernter Lebensversicherungskaufmann ist. 4580 Mark kamen zusammen. „Der Erfolg hat mich motiviert weiterzumachen“, sagt er. Und das tat Jehn. Ohne Scheu bat er Sparkassenkunden, Bekannte und Geschäftsleute um Spenden – und die meisten Menschen gaben bereitwillig: 90.000 Mark sammelte Jehn bis April 1989 und gründete dann den Verein „Wir helfen Kindern in der dritten Welt“, um überhaupt Spendenquittungen ausstellen zu können. Seit dieser Zeit, 22 Jahre lang, war er der Vorsitzende. Nun legt er das Amt aus Altersgründen nieder. „Mir fehlt langsam der Schwung“, sagt der Rentner, der seit über 20 Jahren für unsere Zeitung als freier Mitarbeiter tätig ist.

Gnadenloses Schnorren

Früher habe er auch schon mal hartnäckig nachgefragt, wenn eine Firma, die sonst immer gespendet habe, auf einmal kein Geld mehr geben wollte. Wenn man den Mann mit der leisen Stimme und dem zurückhaltenden Wesen vor sich hat, kann man sich schwerlich vorstellen, wie er als Spendeneintreiber – heute nennt man das „Fundraiser“ – agiert. „Spenden ist Vertrauenssache“, sagt er und erzählt, dass der Großteil der Spenden, die beim heute 200 Mitglieder starken Verein eingehen, von sogenannten ständigen Spendern kommen, von Menschen, die alljährlich eine bestimmte Summe geben. Klar, er habe in den 24 Jahren auch harsche Absagen bekommen. „Doch Gott sei Dank überwiegen die positiven Erfahrungen. Dass so viele Menschen, bereitwillig etwas abgeben, freut mich“, sagt Jehn.

Um noch mehr Geld für hilfebedürftige Kindern zu sammeln, rief Jehn bereits im Jahr der Vereinsgründung die „Abende der Volksmusik“ ins Leben. Elf dieser Musikveranstaltungen organisierte und moderierte er Jahr für Jahr im Gemeindezentrum Künzell. Musikgruppen, Chöre, Sänger und Tanzensembles traten ohne Gage auf. Die Einnahmen aus Kartenverkauf und Tombola wurden gespendet. „Und es gab richtig tolle Preise, die mindestens 500 Mark wert sein mussten“, sagt der Großenlüderer. „Die Preise habe ich gnadenlos bei Geschäften und Unternehmen zusammengeschnorrt.“ Für sich selbst so direkt um etwas bitten zu müssen, wäre ihm unangenehm gewesen, gibt Jehn zu. Doch für den guten Zweck war er sich nicht zu schade, nachzufragen.

Sein Nachfolger im Amt ist Peter Sippel, der über Jahre Jehns Stellvertreter war. „Ich stehe dem Vorstand natürlich gerne mit Rat und Tat zur Seite“, sagt Jehn. Doch nun freut er sich, endlich mehr Zeit für die Familie, den Garten und das Lesen zu haben.

Quelle: Fuldaer Zeitung